Neue Elfenbeinfigur Sonderausstellung

Neue Elfenbeinfigur

Mammut, Wisent, Wildpferd, Höhlenlöwe und Höhlenbär – gut 50 figürliche Kunstobjekte aus der Epoche der jüngeren Altsteinzeit wurden in den Höhlen der Schwäbischen Alb bei archäologischen Ausgrabungen schon entdeckt. Die Mehrheit bildet die imposanten Tiere ab, die für die eiszeitliche Steppenlandschaft typisch sind. Jetzt haben Archäologen aus der Welterbe-Höhle Hohle Fels nahe Schelklingens den Körper einer Figurine aus Mammutelfenbein geborgen, die belegt, dass die eiszeitlichen Elfenbeinkunst weit vielfältiger war.

Das Team von Professor Nicholas Conard aus der Abteilung Ältere Urgeschichte und Quartärökologie der Universität Tübingen sieht den Fund als Otter an. „In den eiszeitlichen Kunstfunden der Region haben wir außer einem Wasservogel und dem Fragment eines Fisches bislang keine Wassertiere“, sagt Professor Conard, „dieses neue Stück zeigt uns, dass die Menschen damals die sie umgebende Fauna sehr viel differenzierter wahrgenommen haben, als lange angenommen.“

Die Figur wurde in tieferen Schichten der altsteinzeitlichen Kulturstufe des sogenannten Aurignacien geborgen. Somit ist sie wie die berühmte Venus-Figur und die Flöten aus dem Hohle Fels 40.000 Jahre alt, entstanden also als die ersten anatomisch modernen Menschen in Europa ankamen.

Adresse
Urgeschichtliches Museum Blaubeuren
Kirchplatz 10
89143 Blaubeuren
Öffnungszeiten
Dienstag bis Samstag 10 bis 17 Uhr
Sonn- und Feiertage 10 bis 17 Uhr
Montag geschlossen
Eintrittspreise
Regulär 7 €
Kinder 7 bis 17 Jahre 3 €
Ermäßigt 5 €
Gruppen ab 12 P. 5 € p.P.
Schulklasse 2 € p.P.
Familie/Single-Familie 15 € / 9 €

Ein Otter?

Der aktuelle Fund ist im Gegensatz zu anderen Figurinen kaum mit verzierenden Gravurmustern versehen. Er hat mit 5,9 Zentimetern Länge, 1,5 Zentimetern Höhe und einem halben Zentimeter Breite eine längliche, aber gedrungene Form und einen recht kurzen, spitz zulaufenden Schwanz. Die Beine des Tiers sind sehr kurz, der Hals dagegen sehr lang. Der Kopf ist abgebrochen und fehlt.

„In den vergangenen Jahren ist es uns immer wieder gelungen, nach aufmerksamer Suche Bruchstücke von Funden zu ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild zusammenzufügen“, beschreibt Professor Conard die Hoffnung, dass der Kopf noch gefunden werden kann: „Solch fehlende Teile schüren in uns die Erwartung, sie noch irgendwo im Sediment der Höhle ausgraben oder aus den geborgenen und noch nicht ausgelesen Funden ausmachen und identifizieren zu können, um die Figur ergänzen und verbindlich bestimmen zu können.“

Die Gestalt der kopflosen Elfenbeinfigur aber ist so einzigartig, dass sie die Wissenschaftler darin bestätigt, von der bis vor wenigen Jahren populären Deutung abzurücken, dass nur gefährliche Raub- oder Beutetiere in der eiszeitlichen Jäger- und Sammlergesellschaft der künstlerischen Darstellung für würdig befunden worden waren.

„Wir wissen heute nicht, was die Menschen damals an einem Otter fasziniert haben könnte, aber mit Sicherheit haben sie beobachtet, wie wendig er sich sowohl im Wasser als auch zu Land bewegt, wie geschickt er Muscheln mit Steinen zu knacken vermag und welch ein raffinierter Fischjäger er ist“, meint Dr. Stefanie Kölbl, geschäftsführende Direktorin des Urgeschichtlichen Museums Blaubeuren (urmu), wo der Fund nun für die Öffentlichkeit ausgestellt ist. „Dass das Ensemble der Elfenbeintiere jetzt um eine neue, offensichtlich kleinere, Tierart angewachsen ist, gibt Raum für neue Überlegungen über den symbolischen Gehalt der Eiszeitkunst.“